Leben ohne Maskenpflicht und Lockdown
Ist der schwedische Sonderweg doch ein Erfolgsmodell?
Während die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus das öffentliche Leben in den meisten europäischen Ländern im Frühjahr für mehrere Wochen zum Erliegen brachten, zeigte sich in Schweden ein gänzlich anderes Bild: Cafés, Bars, Restaurants, Frisöre, Fitnessstudios, Spielplätze und die meisten Schulen blieben weiterhin geöffnet, eine Maskenpflicht wurde nicht eingeführt. Lediglich Besuche in Pflegeheimen und größere Versammlungen waren vorübergehend verboten.
Die schwedische Regierung setzte in vielen Bereichen auf Freiwilligkeit und appellierte an das Verantwortungsgefühl der Bürgerinnen und Bürger. Die Empfehlung lautete, möglichst zuhause zu bleiben und aus dem Homeoffice zu arbeiten, auch von Reisen wurde abgeraten. Der Gedanke dahinter: Da sich das Virus ohnehin nicht aufhalten lasse, seien nachhaltige Maßnahmen notwendig, die auch auf Dauer aufrechterhalten werden können.
Für ihr Vorgehen ernteten die schwedische Regierung und ihr beratender Epidemiologe Anders Tegnell viel Kritik – berechtigte Kritik, wie es zunächst schien, denn gemessen an der Einwohnerzahl sind in Schweden bislang fast fünfmal so viele Infizierte gestorben wie etwa in Deutschland oder Dänemark.
Doch inzwischen scheint sich das Blatt zu wenden: Trotz vermehrter Tests bleibt die Zahl der Neuinfektionen aktuell auf einem niedrigen Niveau. In Ländern wie Frankreich oder Spanien waren die Infektionszahlen dagegen zuletzt wieder stark gestiegen.
Unklar ist, inwieweit sich das schwedische Modell auf andere Länder wie Deutschland übertragen lässt. Ein vergleichsweise hoher Anteil an Single-Haushalten und eine geringe Bevölkerungsdichte Schwedens könnten sich positiv auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt haben.
Ende April hatte stern TV mit zwei deutschen Ärzten gesprochen, die in Schweden leben und arbeiten. Sie sprachen sich damals für den schwedischen Sonderweg aus. Wie sehen sie die Situation heute? Mittwoch, 16.09.2020, ab 22:15 Uhr live bei stern TV.