Ob im Urlaub oder zu Hause - zum Schutz vor krankmachenden Keimen schwören viele Menschen auf Desinfektionsmittel. Und gerade in der kalten Jahreszeit, in der Erkältungen und Grippe auf dem Vormarsch sind, wollen viele von uns auf Nummer sicher gehen. Der Handel verzeichnet, im Gegensatz zu Putzmitteln allgemein, einen steigenden Absatz genau dieser Mittel, von denen sich die meisten besondere Hygiene versprechen.
Das Angebot im Drogerie- oder Supermarkt und in Apotheken ist riesig. Mit teilweise erheblichen Preisunterschieden. Es gibt Sprays, Lotionen, Tücher. Und auch die Wirkstoffe unterscheiden sich, reichen von Alkohol über Milchsäure und Wasserstoffperoxid bis hin zum aggressiven Chlor. In Hygienetüchern finden sich häufig so genannte quarternäre Ammoniumverbindungen. Einige Produkte versprechen bis zu 99,9 Prozent Keimfreiheit nach der Anwendung. Aber wer überprüft das? stern TV hat in einem Labortest an der Hochschule Rhein-Waal zusammen mit dem Mikrobiologen Prof. Dirk Bockmühl handelsübliche Markenprodukte und Desinfektionsmittel vom Discounter auf ihre Wirksamkeit gegen Sporen, Bakterien und Viren getestet - und auch gegen das einfachste aller Mittel antreten lassen: Lappen und Wasser.
<h2>Je nach Wirkstoff unterschiedliche Einwirkzeiten - und Ergebnisse</h2>
Zur Vergleichbarkeit im Test haben die Laboranten kleine Fliesen jeweils mit einem Mix aus Darm- und Hautbakterien und Schimmelpilzen eingestrichen. Dann wandten sie die Desinfektionsmittel genau nach Anleitung an. "Manche wirken sehr schnell, zum Beispiel Chlor, andere brauchen etwas länger. Man sollte also immer genau auf die Packung schauen, welche Einwirkzeit dort angegeben ist", so der Hinweis von Dirk Bockmühl. Die Ergebnisse in puncto Bakterienbekämpfung fallen unterschiedlich gut aus. Mal wurden alle Keime abgetötet, mal sind noch jede Menge übrig geblieben und teilweise auf den Testplatten noch gewachsen. In das Endergebnis flossen die Bewertung der verwendeten Inhaltstoffe (bedenklich), der Preis pro Anwendung und natürlich die Effizienz ein.
Um es vorweg zu nehmen: Die getesteten Hygienetücher erwiesen sich als nicht empfehlenswert. Nur drei von zehn Produkten beseitigten wie versprochen alle oder fast alle für ein akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis: "Drei Reiniger haben uns von der Leistung her überzeugt. Das ist der Bref Chlorreiniger, der Sagrotan-Reiniger auf Milchsäurebasis und der Sonett-Reiniger auf alkoholischer Basis", resümiert der Mikrobiologe das Labor-Testergebnis.
<h2>Altbewährt gegen Krankheitserreger: Wasser und Seife</h2>
Gleich mehrere der vermeintlichen Hygienemittel waren in ihren antibakteriellen Wirkung schlechter als die Vergleichsprobe nur mit Wasser. Antibakterielle Gels und Sprays sind in einem normalen Haushalt ohne Krankheitsfälle also weitgehend überflüssig. Hinzu kommt: Die handelsüblichen Mittel wirken meist nur gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren. Damit schützen sie nicht vor Virenerkrankungen wie Erkältung und Grippe. Und: Keines der Mittel wirkt zu 100 Prozent. Überlebende Keime können stattdessen Resistenzen bilden, wodurch sie irgendwann unbesiegbar wären.
Desinfektionsmittel schaden zudem nicht nur Keimen sondern auch dem Körper und der Umwelt. Bei empfindlichen Menschen können einige der eingesetzten Inhaltsstoffe Allergien und Ekzeme auslösen. Prof. Dirk Bockmühl rät deshalb ausdrücklich, im Privatbereich nur im Krankheitsfall die "Keule" auszupacken. "Bei Schimmelbefall sollte Chlor zum Einsatz kommen, aber auch das mit Umsicht und sehr dosiert." Für die Wintersaison heißt das: Solange keine Noroviren im Spiel sind, können Sie ruhig auf das altbewährte Mittel setzen: Händewaschen! Dann aber richtig und lange genug.
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